Wie trenne ich mich ohne Rosenkrieg von Geschäftspartnern?
Wer kennt ihn nicht, den Film "Rosenkrieg"? Er zeigt eindrücklich, was bei einer Trennung passieren kann und durchläuft dabei alle neun Phasen der Eskalation. Was für eine Paarbeziehung gilt, ist ebenso auf eine Geschäftsbeziehung anwendbar.
Ich habe einige Trennungen von Geschäftspartner:innen miterlebt. Zum Glück durchlief kaum eine Trennung sämtliche Phasen der Eskalation. Ich habe trotzdem gelernt, dass das Ziel jeder Trennung sein sollte, möglichst wenig Schaden anzurichten. Doch das ist leichter gesagt als getan.
Aber ein Unternehmen ist doch keine Ehe!
Man könnte meinen, dass bei Trennungen von Geschäftspartnerschaften weniger Emotionen im Spiel sind, als bei Ehepaaren. Schliesslich war man ja (im Normalfall) nicht gemeinsam im Bett und hat Kinder gezeugt. Doch weit gefehlt. Es gibt viel mehr Parallelen zu Ehepaaren als man denkt [2].
Der Konflikt ist oft hausgemacht
Zu Beginn der Partnerschaft verfolgt man ein gemeinsames Ziel und rechnet oft nicht jede Stunde und jeden Franken ab. Alle geben ihr Bestes und haben nur den Erfolg des Unternehmens im Sinn. Wenn das gemeinsame Kind (sprich das Unternehmen) erst mal geboren ist und wächst, ist man absorbiert. Doch mit dem stetigen Wachstum entwickelt das Unternehmen eine gewisse Selbständigkeit und einen eigenen Charakter. Auch verändern sich die Anforderungen an die Gründer:innen. Plötzlich sind bzw. wären Management-Qualitäten und Leadership gefordert. Doch nicht alle im Gründungsteam sind einer Führungsrolle gewachsen. Wenn dies nicht berücksichtigt wird, ist der Konflikt vorprogrammiert - und hausgemacht.
Das gemeinsame Ziel vor Augen haben
Die beste Lösung in einer solchen Situation ist es, dass alle das Problem frühzeitig erkennen und bereit sind, im besten Sinne für das Unternehmen zu entscheiden. Das kann bedeuten, dass die Partner:in, die überfordert ist, im Unternehmen eine andere Position einnimmt, oder dass sie das Unternehmen verlässt. Doch was ist, wenn diese Erkenntnis zu spät und einseitig - insbesondere nicht von der betroffenen Person - erfolgt? Dann braucht es Fingerspitzengefühl. Grundsätzlich gilt: Je länger die Lösung des Problems hinausgezögert wird, desto schwieriger wird es.
Eine rationale Basis ist wichtig
Emotionale Entscheide sind oft die schlechtesten. Es ist darum wichtig, das ganze auf eine rationale Basis zu stellen. Im Prinzip müssen wir alle Mitarbeitenden gleich behandeln, unabhängig davon, ob sie Shareholder und Gründer:innen sind oder nicht. Am besten machen wir das, indem wir für "Right People in the Right Seats" sorgen:
- Wir definieren die Unternehmenswerte und verpflichten alle Mitarbeitenden auf deren Einhaltung (Right People).
- Wir legen die ideale Unternehmensstruktur fest, definieren die Verantwortlichketen für jede Position und setzen die am besten geeigneten Personen auf den Positionen ein (Right Seat).
Wenn wir diese zwei Prinzipien auch auf Gründer:innen anwenden, werden wir frühzeitig erkennen, wo sich Probleme ergeben und können diese "People Issues" lösen.
Was tun, wenn das Geschirr schon zerschlagen ist?
In vielen KMU sind die Strukturen schwach - Rollen und Verantwortlichkeiten sind ungenügend oder gar nicht definiert und die Organisation wurde rund um die Personen aufgebaut. Noch seltener wird vom Führungsteam ein klarer Wertekodex vorgegeben und von allen Mitarbeitenden gelebt und gepflegt. In diesen Unternehmen dauert es deutlich länger, bis klar wird, dass eine Partner:in nicht mehr tragbar ist. Eine Trennung wird dann umso schmerzhafter. Wichtig ist: je höher der Konflikt eskaliert, desto mehr Verlierer gibt es. Vorrangig ist daher eine De-Eskalation. Drohungen per Anwaltsschreiben gehen in die exakt gegenteilige Richtung. Sie kennen nur eine Art von Gewinnerinnen: Die Anwaltskanzleien.
Den Konflikt nicht auf Kosten der Kinder austragen
Auch im Unternehmen gilt der Grundsatz, den Konflikt nicht auf Kosten der Kinder - konkret des Unternehmens und seiner Mitarbeitenden - auszutragen. Wenn am Schluss das Unternehmen Schaden nimmt oder sogar konkurs geht, ist niemandem geholfen. Aus der Verhandlungstechnik wissen wir, dass der Gesamtnutzen aller Beteiligten sinkt, wenn eine Partei ihren persönlichen Nutzen maximiert. Noch schlimmer wird es, wenn eine Partei von Hass und Rache getrieben ist.
Eine Mediation kann helfen
Weil es fast unmöglich ist, ein System von innen her zu verändern, ist die beste und günstigste Lösung oft eine Mediation. Eine aussenstehende Person kann die Konfliktparteien dazu bringen, einem Konsens zuzustimmen und somit eine Win-Win-Lösung zu erreichen.
Die Hausaufgaben machen - lieber spät als nie
Wie bereits erwähnt können Struktur und gut definierte Werte die Diskussion versachlichen. Es ist darum nie zu spät, damit anzufangen. Wenn also noch Hoffnung besteht, könen Sie Ihre Hausaufgaben jederzeit in Angriff nehmen. Also auch dann, wenn Sie das Gefühl haben, eine der Partner:innen sei nicht "Right People" oder nicht "Right Seat" [3].
Sorgen Sie für Right People in Ihrem Unternehmen. Sitzen Sie mit Ihren Geschäftspartnern:innen zusammen und halten Sie Ihren Wertekodex gemeinsam fest. Verpflichten Sie sich, Ihre Partner:innen und Ihre Mitarbeitenden auf diese Werte.
Sorgen Sie für Right Seats in Ihrem Unternehmen. Strukturieren Sie mit Ihrem Führungsteam das Unternehmen. Definieren Sie die "Seats" und formulieren Sie die Verantwortlichkeiten für jeden der Seats im Unternehmen. Definieren Sie, was es heisst, einen Seat auszufüllen. Stellen Sie dann sicher, dass für jede Person in ihrem Seat "GWC" gilt - "Gets It, Wants it, and has the Capacity".
Im Laufe dieses Prozesses wird sich herausstellen, für wen es welche Position im Unternehmen gibt und wer die Werte leben kann und will. Für jene, bei denen das nicht zutrifft, wird sich eine Veränderung abzeichnen. Das Gute an diesem Vorgehen ist, dass viele Menschen spüren, wenn sie nicht (mehr) in die Organisation passen. Sie werden darum die Veränderung selber initiieren und das Unternehmen von sich aus verlassen. Dies macht sie empfänglicher für eine einvernehmliche Trennung.
Verträge
Wie in der Ehe gilt auch bei Unternehmen, dass man die Scheidungsmodalitäten vor der Ehe festlegen sollte. Und auch wenn Verträge keine absolute Garantie geben, so sollte man trotzdem einige davon abschliessen. Der wichtigste Vertrag bei Gründer:innen ist dabei sicher der Aktionärsbindungsvertrag (ABV). In diesem Vertrag kann geregelt werden, wie eine Trennung in finanzieller Hinsicht abgewickelt wird - im guten wie im schlechten Einvernehmen. Setzen Sie sich also am Besten noch vor der Gründung zusammen und einigen Sie sich gemeinsam auf einen ABV.
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